30.4.-1.5.2016 Argentinien: Heiligenkult: Difunta Correa und San Expedito
Wieder in Argentinien fahren wir in Richtung Mendoza - beim Einkauf dort treffen wir einen deutschen Kellermeister, dessen Weingut gleich neben dem Supermarkt beginnt. Auf unserer Weiterfahrt geht es durch viele Weinfelder, vorbei an ärmlichen Behausungnen und schließlich sind an der Straße die Vorboten des Wallfahrtsortes Vallecito für "Difunta Correa" zu sehen: breite Fußwege und kleine überdachte Rastplätze sollen den Pilgern den Bußgang erleichtern.
Difunta Correa
Der Legende nach soll im Bürgerkrieg 1841 die "Entschlafene Correa" mit ihrem Sohn ihrem gefangen genommenen Mann gefolgt sein. Dabei hat sie sich in der Wüste verlaufen und ist an diesem Ort - heute der Wallfahrtsort Vallecito - verdurstet. Doch ihr Sohn hat an ihrer Brust saugend überlebt und wurde einige Tage später gerettet. So ist "Difunta Correa" besonders für Reisende und LKW-Fahrer die Beschützerin geworden. Viele Dankesgaben sind mit Wasser gefüllte Flaschen, die den Reisenden vor dem Verdursten retten sollen. Die von Gläubigen landesweit an den Straßen aufgestellten Schreine der "Difunta" sind meist schon von Weitem an den unzähligen Wasserflaschen - bitte nicht mit Müllplätzen verwechseln - zu erkennen.Spät kommen wir im Wallfahrtsort an und stellen uns für die Nacht auf einen riesigen Parkplatz, rund um den auch einige Zelte stehen. Alles ist auf große Pilgerströme ausgelegt - zu Ostern sollen hier Hunderttausende ihren Dank aussprechen. Im Ort gibt es viele Restaurants; auf den Gehwegen werden Lämmer am Kreuz gegrillt. Kleine und große Läden bieten eng an eng alle möglichen Opfergaben für die Gläubigen an. Hier kann man die Opfergaben kaufen und praktischerweise gleich gegenüber an der Kultstätte alles ablegen und um die Gunst der Heiligen bitten.
In der Abendstimmung lassen wir diesen Ort auf uns wirken: einerseits steht eine relativ nüchtern ausgestattete Kirche auf dem Berg - andererseits der Straße ist der Berg der Kultstätte mit Opfergaben dicht übersät. Überall wird "Gracias Difunta Correa" auf Schildern zu den unterschiedlichsten Anlässen gesagt - ob es nun ein Haus, ein Auto, eine Sporttrophäe oder ein Studienabschluß ist. Viele kleine Kapellen sind zur Aufnahme der Opfer- und Dankesgaben für spezielle Gruppen gebaut: Studenten, Fuhrunternehmer, Sportler, Hausbesitzer, 15 Jahre gewordene Mädchen oder Hochzeitspaare. Die Dankesgaben finden in Form von Diplomzeugnissen, kleiner und großer Automodelle, Lenkrädern oder Nummernschildern, gewonnener Pokale, Hausmodelle oder der Kleider zum 15. Geburtstag oder der Hochzeit statt.
Für alle denkbaren Anlässe sind hier Dankestafeln angebracht - selbst für die Geburt von Kindern. Auf schmalen roten Bändern ist aufgedruckt: "Protege mi Coche/Camino" (Schütze mein/en Auto/Weg). Für viele Automarken gibt es spezielle Bänder - so kann ich auch ein Band erwerben mit der Aufschrift "Protege mi IVECO". Eine Treppe führt den Berg hinauf - unzählige Dankes-Bänder, Nummernschilder, Hausmodelle und anderes säumen den Pfad.
Auch am nächsten Tag sehen wir uns ausgiebig um und sind erstaunt, wieviele Menschen "Difunta Correa", die bisher von der katholischen Kirche nicht heilig gesprochen wurde, verehren. Hier werden täglich Hunderte von Wasserflaschen als Opfer dargebracht - am Tagesende sind zwei Männer lange damit beschäftigt die Flaschen auszuleeren und das Plastik zu recyclen. Das Gute an diesem Kult ist, dass von soviel Andenkengeschäften sicherlich viele Familien leben können - ich habe hier eine kleine Gipsfigur der "Difunta Correa" und des "Gauchito Gil" erworben. Mal sehen, ob die doppelten Heiligen helfen, unsere Tour problemlos weiterzuführen.
San Expedito
Auf dem Weg zum Nationalpark Ischigualasto sehen wir einen Wegweiser zur Kultstätte zu Ehren des "San Expedito". Kurzentschlossen folgen wir den Hinweisen und kommen zu einem kleinen, ärmlichen Dorf, in dem aber großer Trubel herrscht. Hier wird auch der Papst auf Schildern gezeigt - "San Expedito", der Heilige für die schnellen Wundertaten, ist scheinbar von der Kirche anerkannt. Figuren aller Größen, Flaggen, Bänder und vielerlei Andenken werden verkauft. In einer Kapelle wird ein Gottesdienst abgehalten, für Geldspenden können Quittungen ausgestellt werden. Viele Gaststätten bieten auf dem Gehsteig gegrillte Fleischspezialitäten an. Auch von diesem Heiligenkult können wohl wieder viele Familien leben. Ob der Ausspruch des Papstes "Tenemos que aprender a estar con los pobres, compartir con quien no tiene nada" auf der großen Tafel - frei übersetzt "Wir müssen lernen, mit den Armen zu sein, mit denen, die nichts haben, zu teilen" - wohl darauf abzielt. Ich hoffe, meinen Anteil mit dem Kauf einer Gipsfigur des "San Expedito" beizutragen und fühle mich nun mit den drei Kultfiguren im Wohnmobil gut beschützt.Am Nachmittag geht es dann weiter nach San Augustin del Valle Fertil, was uns allerdings nicht besonders gefällt. Bis zum Nationalpark Ischigualasto fahren wir noch einige Kilometer und verbringen die Nacht dort auf dem Parkplatz.