10.-14.11.2015 Argentinien:
San Clemente del Tuyu - Viedma
Bei San Clemente del Tuyu, dem 320km von Buenos Aires entfernten Badeort am Atlantik, besuchen wir auf einer großen Landzunge das Vogelschutzgebiet 'Reserva Natural Punta Rasa'. Im Sommer überwintern hier Tausende von Zugvögeln aus der nördlichen Erdhalbkugel - derzeit ist es aber noch leer. Hier darf mit dem Auto auf dem Strand gefahren werden, so dass wir bis zum Sonnenuntergang bleiben und ausgiebige Strandspaziergänge machen. Der Ort selbst hat auch eine Therme mit Freizeitpark und dem Leuchtturm, doch dort ist der Eintritt für uns zu hoch und der Parkplatz kostet extra.
Später fahren wir in den Hafen des Ortes und erleben dort einen sehr stimmungsvoll gefärbten Nachthimmel. Am Hafen gibt es noch den Freizeitpark Mundo Marino, in dem auch Seelöwen, Delphine und Orcas in Shows vorgeführt werden - wir wollen uns diese Wildtiere lieber in freier Natur ansehen. Nach einer ruhigen Nacht wir hinter der Düne spazieren wir am folgenden Morgen noch einmal über den Strand des ehemaligen Fischerdörfchens. Hier wurde und wird scheinbar viel gebaut, denn es sind einige S(tr)andräuber unterwegs, die mit ihren Pferdewagen Sand für ihre Baustellen holen.
Ein örtlicher Bäcker hat scheinbar deutsche Wurzeln, kann aber nicht so richtig deutsch schreiben - mit einem Werbeschild lockt er Kunden in seine 'Beckarei'. Ein Maler hier hat auch eine etwas ungewöhnliche Art die Balkone von Hotel-Hochhäusern zu streichen - er seilt sich einfach vom Dach ab.
Nachdem Doris ihre Rückenübungen am Sandstrand gemacht hat, geht es weiter an der Küste südwärts bis zum ganzjährig belebten, bewaldeten Villa Gesell. Am Ortseingang werden Gäste mit einem Totempfahl begrüßt. Der beliebte Bade-Ort ist schön in die Dünenlandschaft eingepasst und hat 10km Strand. Er wurde durch die Anpflanzung eines Waldes durch Karl Gesell, der Sohn eines deutschen Auswanderers, gegründet.
Weiter geht es nach Mar del Plata, dem größten Badeort Argentiniens. Die 600.000 Einwohner beherbergen in der Saison bis zu 3 Millionen Gäste. Doch noch ist keine Saison - so taucht am Playa Grande ein U-Boot der Marine auf, Schlauchboote werden ausgesetzt und Kampftaucher üben für ihren Job.
Auf der gegenüber liegenden Mole steht wie in Rio ein kleiner Corcovado und im Hafen liegen viele Boote der Fischfangflotte.
Wir fahren aus dem Großstadtgewimmel und trinken in einem Vorort an der Steilküste einen Kaffee. Direkt unter uns am Strand werden weitere Anleger und Wellenbrecher gebaut - die Großstadt breitet sich aus.
Unterwegs können wir an einer kleinen Verkaufsbude frisches Olivenöl kaufen - in diesem Gebiet gibt es viele Olivenhaine.
Die Nacht verbringen wir weiter südlich im kleineren Ort Monte Hermoso an einer Strandpromenade. Doch früh am nächsten Morgen kommen ein Bagger und zwei LKWs, die den Flugsand an der Promenade wegtransportieren wollen. Noch vorm Frühstück fahren wir ein paar Kilometer weiter und können unseren Frühstücks-Tee direkt am Sandstrand trinken.
Während der Weiterfahrt halten wir in einem kleinen Wäldchen für eine Pause.
Dort sehe ich mir eine Dankesstätte zu Ehren des Gauchito Antonio Gil an, der hier im Land wie ein Heiliger verehrt wird. Zu diesem Gil-Kult schreibe ich unten noch ein wenig ausführlicher.
Über Bahia Blanca geht es weiter auf der Ruta 3 und wir passieren problemlos eine Fruchtkontrolle und kurz danach eine Fleischkontrolle, mit denen die Übertragung von Fruchtfliegen bzw. Maul- und Klauenseuche in andere Bundesländer verhindert werden soll.
Unser Ziel ist jetzt der Leuchtturm Faro Segunda Barrancas, von dem wir glauben, dass es der älteste erhaltenene gemauerte Leuchtturm Argentiniens sein soll. Auf der 80km langen Schotterpiste treffen wir einen deutschstämmigen Farmer, der vorfährt und uns den Weg durch sein karges Weideland zeigt.
Mit der Dunkelheit treffen wir beim Leuchtturm ein und sind enttäuscht. Soviel Piste für einen metallenen Leuchtturm, der von der Marine betrieben wird und im militärischen Sperrgebiet liegt. Übernachten ist hier verboten, doch der 'Jefe' macht eine Ausnahme, nachdem wir unsere Gruß-Postkarte übergeben haben. Am nächsten Morgen zeigt der Chef uns noch die Aussicht von der Spitze des Leuchtturms - einfach super. Von hier kann die riesige Ausdehnung der Estanzias sehr gut erkannt werden.
Die Piste in Richtung Viedma an der Mündung des Rio Negro in den Atlantik ist noch länger als die Anfahrt und mit vielen Gattern versehen, so dass Doris ein Gratis-Fitnessprogramm durchführt.
Am Nachmittag sehen wir uns den Auto-Strand von El Condór an. Dort verbringen viele Argentinier ihre Freizeit und fahren mit Kind und Kegel und Auto an den Strand. Einige Bereiche sind auch für Kiter und Quad ausgewiesen. Gegen Abend fahren wir zurück nach Viedma
zum Piroggenfest und sehen im Dorf noch, weshalb viele nach El Condór kommen: es brüten an der Steilküste ca. 30.000 Felsenpapageien, die sich zum Teil am Abend auf den Stromleitungen des Dorfes zum Schlaf niederlassen.
14.-15.11.2015 Argentinien:
Viedma, Piroggenfest
In Viedma beim Einkaufen treffen wir die deutschstämmmige Maria-Luisa, die uns für den Abend zu einem Piroggenfest - einem geselligen Beisammensein von etwa 60 Deutschstämmigen - einlädt. Das Piroggenfest findet in einem kleinen Saal statt, wir können aber nur mit wenigen der Wolgadeutschen sprechen, da die meisten in der 3. und 4. Generation die deutsche Sprache doch nicht mehr gelernt haben. Ein junger Mann jedoch nimmt bei Maria-Luisa Sprachunterricht und zeigt uns später noch die handschriftlich verfassten Memoiren seines Großvaters in altdeutscher Schrift. Zunächst wird auf dem Fest gegessen und getrunken - die Vorspeisenplatten mit Käse und Wurst und die Piroggen sind wirklich lecker. Dann führt die Tanzgruppe einige alte deutsche Volkstänze auf und animiert die anderen Gäste zum Mitmachen. Später gibt es dann noch ein riesiges Kuchenbüffet, das - obwohl einge Gäste sehr gerne zulangen - bestimmt noch zur Hälfte übrig bleibt. Viele lassen sich zum Schluß gegen einen Obolus noch Kuchen einpacken. Insgesamt geht die schöne Feier mit sehr netten Gesprächen erst spät zu Ende. Wir werden von unseren lieben Gastgebern noch mit einem Paket Piroggen und Kuchen versorgt, bevor wir den kürzesten Heimweg antreten, denn wir schlafen auf dem ruhigen Parkplatz gleich gegenüber.
Am nächsten Morgen fahren wir zuerst im Balneario El Condór über den Camino de Pescadores zur Mündung des Rio Negro, wo ganzjährig die Delphin-Arten 'Delfin Franciscana' und zu bestimmten Jahreszeiten (März-Juli) auch 'Tonina' oder 'Delfin nariz de botella' zu beobachten sind. Leider war weit und breit kein Delphin zu sehen. Am anderen Ende des Balneario besichtigen wir nun tatsächlich den direkt an der asphaltierten Straße liegenden, ältesten Leuchtturm Argentiniens, der in seinem Alter sogar ein freies WiFi anbietet.
Wir suchen weiter nach einer schönen Stelle zur Beobachtung der Felsenpapageien. Etwas außerhalb treffen wir auf einem alten Parkplatz auch Helen aus dem Paraiso Suizo in Uruguay wieder, die nun mit ihrer Freundin Kirsten unterwegs ist.
An der Steilküste ist es sehr schwer die Papageien von oben im Flug zu fotografieren, so gehen wir zur Übernachtung ins Dorf an die Promenade. Anderntags wollen wir es am Strand, der bei Flut stellenweise nicht passierbar ist, vor der Steilküste probieren. An der Promenade steht auch schon ein Fuess-Mobil auf Mercedes-LKW-Basis und es ergeben sich nette Gepräche mit den beiden deutschen Reisenden.
Die Steilküste mit den Bruthöhlen der Papageien bei El Condór wird morgens von der Sonne gut beleuchtet, sodass sich einige gute Aufnahmen der Vögel machen lassen. Auf zweisprachigen Tafeln sind die Vögel mit Ihrem Lebenszyklus gut beschrieben. Derzeit sind leider noch keine Jungvögel zu sehen, da jetzt noch die 24-tägige Brutphase läuft, erst demnächst die Jungen die schützende Eierschale innerhalb von 2 Tagen aufpicken und dann ca. 63 Tage von den Eltern gefüttert werden.
Auch andere Vögel fühlen sich hier wohl - einer nimmt ein Bad in der Pfütze unter dem tropfenden Wasserhahn beim Leuchtturm.
Am Abend sammeln sich viele Papageien auf den Stromleitungen an der Straße und im Dorf - alles ist von einem großen Gezwitscher begleitet, das erst mit der Dunkelheit abklingt.
Auch die Steilküste selbst ist mit den ausgewaschenen Sandsteinschichten sehr interessant und wir fahren weiter auf der Küstenstraße RP1.
Auf einem Parkplatz unterwegs treffen wir auf Helen - nun mit ihrer Freundin Kirsten - und können einige Informationen austauschen.
Bei einem kleinen Museum am Naturschutzgebiet Punta Bermeja kann auf einigen Tafeln das Wissen über die Tierwelt in dieser Region ergänzt werden. So ist hier eine große Seelöwenkolonie ganzjährig einer Plattform aus zu beobachten, während Wale, Orcas und See-Elefanten aber nur mit Glück zu sehen sind. Da hier im Naturschutzgebiet nicht campiert werden darf, übernachten wir einige Kilometer vorher bei einem geschlossenen Restaurant von La Loberia. Dort auf einem Balkon direkt an der Steilküste geniessen wir den Sonnenuntergang bei einer Flasche Bier und staunen über die von der Natur geformten geschwungenen Gesteinsformationen und Wasserbecken am felsigen Strand. Bei einem schönen Sonnenuntergang am Atlantikhorizont klingt dieser Tag aus.
20.11.2015 auf der RP1 nach Valdes...
16.-18.11.2015 Argentinien:
Wir beobachten am Morgen noch einmal das lebhafte Treiben der Felsenpapageien im Wind und machen uns dann auf Weg in Richtung San Antonio Este. Die Piste RP1 verläuft auf weiten Strecken direkt an der Küste und ist von Dünen gesäumt. Teilweise gibt es wüstenartige Abschnitte, immer wieder gibt es neue Blicke auf das Meer, viele Vögel begleiten unseren Weg, auf einigen Zaunpfosten warten die Geier auf neue Beute, andere Zäune dienen als Leine zum Trocknen der Lederhäute von verendeten Tieren.
Die 5km lange Stichstraße in Caleta de los Lobos zum Punta Mejillon ist sehr heftig wellblechartig. Hier soll es 500 Seelöwen geben - wir haben sie leider nicht entdecken können.
Insgesamt ist die Piste RP1 trotz ein paar harten Passagen für uns wegen der unterschiedlichen Landschaften sehr lohnenswert.
An einem derzeit geschlossenen Fisch-Restaurant am Strand von San Antonio Este dürfen wir übernachten. Der Besitzer zeigt uns noch den Brauchwasserhahn zum Duschen, schaltet die Parkplatzbeleuchtung für uns ein und zeigt uns sein Haus am Hügel auf der anderen Straßenseite, falls es Probleme geben sollte.
Gauchito Gil
Weiter auf der Ruta 3 fahren wir über Sierra Grande in Richtung Halbinsel Peninsula Valdes und kommen an einem sehr großen "Santuario Gauchito Gil" vorbei.Solche Gauchito-Gil-Gedenkstätten sind immer an roten Fahnen und den rot gestrichenen Häuschen zu erkennen. Dieser Platz hier enthält viele kleine und große Gil-Figuren und kleine und große Altäre, die teilweise mit den Namen der spendenen Familien versehen sind. Hier gibt es sogar eine gemauerte Theaterbühne mit überlebensgroßen Gil-Figuren für Feierlichkeiten. Es werden Getränke, Zigaretten und viele andere Dinge als Dankes- und Opfergabe gebracht. Der Mythos um den Gaucho Gil liegt in seiner Geschichte begründet. Der wahrscheinlich 1840 in Mercedes (nördliche Provinz Corrientes) geborenene Antonio Mamerto Gil Nunez war sozusagen ein argentinischer Robin Hood. Er kämpfte in verschiedenen Bruderkriegen bei den Förderalisten gegen Unitarier, gegen Zentralisten und setzte sich für die Armen ein. Er wurde von einem Oberst 1878 festgenommen, der vor Gil's angeblich hypnotischen Fähigkeiten Angst hatte und ihn über Kopf aufhängen und enthaupten ließ. Vor der Enthauptung soll Gil dem Oberst gesagt haben, dass er für seinen sterbenskranken Sohn bei Gott in Gil's Namen um die Genesung bitten soll. Als dies auch so geschah und sein Sohn gesund wurde, ging der Oberst voll Reue zur Hinrichtungsstätte, begrub den Gaucho Gil und stellte ein großes Kreuz zur Andacht auf. Seitdem werden Gaucho Gil immer wieder neue Wundertaten zugeordnet, er ist mittlerweile zum Volksheiligen geworden. Am 8.Januar sollen im ganzen Land Pilgerfeste stattfinden - in Mercedes sollen bis zu hunderttausend Gaucho-Gil-Anhänger in Prozessionen durch das Dorf ziehen. Mal sehen, ob wir irgendwo eine Prozession besuchen können.
Am späten Nachmittag erreichen wir die Halbinsel Valdes - für Ausländer ist der Eintritt mit 260Peso/Person (ca.25€) aber sehr hoch. Dafür gibt es aber ein großes Besucherzentrum mit einer Ausstellung über die Tierwelt der Insel und dem Skelett eines großen Wales.
Das freie Campen ist auf der Halbinsel nicht erlaubt, wird aber an einigen Stellen wie dem Playa Pardela geduldet. Dorthin gelangen wir über eine sehr wellige 12km lange Piste, der Grader war wohl schon lange nicht mehr auf dieser Strecke.
Am Abend geniessen wir den Blick über die Bucht Playa Pardela beim Sonnenuntergang.
Mit uns steht hier das englische Paar mit dem neuen Iveco-Mobil, das wir bereits in Areco beim Gaucho-Fest trafen.