5.11.2015 Argentinien:
Gualeguaychú - San Antonio de Areco
Mitten im 1783 gegründeten Gualeguaychú übernachten wir sehr ruhig direkt am gleichnamigen Fluß und bummeln morgens durch die Stadt. Am Fluß ist eine lange Promenade gut hergerichtet: ehemalige Lagerschuppen und Hafenkräne sind restauriert, kleine Imbißwagen bieten ab Mittag Leckereien an, Rostkähne liegen im Wasser neben modernen Segelbooten, einige Figuren aus Metallschrott stehen am Ufersteg. Auf einer Insel im Fluß steht ein gut erhaltenes Anwesen mit Aussichtsturm zum Verkauf - beste Lage aber nur per Boot zu erreichen.
In einem Park sind neben einem kleinen bunten Kinderkarusell auch Büsten prominenter Bürger ausgestellt und hochmodern mit QR-Codes versehen. Mittels Smartphones können so die Internetseiten zur Erläuterung direkt aufgerufen werden.
Solche QR-Codes sind im bisher von uns bereisten Südamerika sehr weit verbreitet - sie nennen in Taxen beispielsweise die Daten des Unternehmens und des Fahrers. Auch in den Schaufenstern aller Geschäfte befinden sich QR-Codes - Steuerbeamte können damit scheinbar die Daten der Steuerzahler direkt bei den passwortgeschützten Webseiten der Finanzbehörden abrufen.
Auch die Kirche ist zur Besichtigung geöffnet - bisher fanden wir die meisten Kirchen nur zu Gottesdienstzeiten geöffnet. An den Wänden hängen auch einige kunstvoll gerahmte Bilder, bei denen die Figuren dreidimensensional ausgeführt sind.
Im Ort gibt es einige schön restaurierte ältere Häuser - während beim Hotel Aleman gerade die Fassade mit gemaltem Fachwerk versehen wird.
Das 'Museo Ferroviaria' ist frei zugänglich und stellt einen in England gebauten Speisewagen mit argentinischem eisernen Herd und eine Dampflok belgischer Bauart aus.
Direkt neben dem Museum befindet sich das 'Corsodrome' - eine große Tribüne wie in Rio de Janeiro, denn hier findet an allen Samstagen von Januar bis Anfang März der längste Freiluft-Karneval Argentiniens statt.
Wir fahren weiter über Zarate bis nach San Antonio de Areco. Da uns der Campingplatz in Areco mit 320 Peso zu teuer erscheint, übernachten wir gemeinsam mit einem holländischen Expeditionsmobil bei der Touristeninformation. Diesen Platz müssen wir aber am nächsten Tag räumen, da hier auch Vorbereitungen für das Gauchofestival getroffen werden.
6.11.2015 Argentinien:
Gauchofestival Areco - Freitag
Direkt am Eingang zur Festwiese stehen wir mit dem holländischen Mobil praktisch in der ersten Reihe - alle Gaucho's und Pferde ziehen über die Piste an unseren Mobilen vorbei zum Veranstaltungsplatz. Am Laternenmast am Eingang hat ein Vogel sein kugelrundes Nest gebaut und beobachtet argwöhnisch das Geschehen. Obwohl die Piste oft bewässert wird und der Wind viel Staub in die andere Richtung weht, ist unser Mobil nach dem Wochenende sehr staubig. Ein Trost ist aber, dass es direkt auf der knochentrockenen Wiese - wo die Holländer später hinziehen - noch mehr zu stauben scheint.
Während immer mehr Gauchos mit ihren Pferden anreiten und Pferde per Pickup oder Groß-LKW zum Festplatz gebracht werden, sehen wir uns die noch pferdefreie Stadt an und suchen den Osteopathen auf, denn Doris Rücken macht immer noch Probleme. Der Osteopath hat keine freien Termine und meint wir sollen am Nachmittag noch einmal nachfragen.
In der Stadt gibt es einige ältere Gebäude und Fassaden zu sehen, die Kirche ist geöffnet und am Marktplatz liegt das Café Tokio, in dem wir uns ein Bier gönnen. Der Osteopath hat für Doris am Samstag früh einen Termin freigemacht, so dass wir mit Hoffnung auf Besserung wieder zum Eingang des Festplatzes gehen können.
Die Festwiese füllt sich mit Pferden, Gauchos und ganze Großfamilien bauen ihre Zelte und Grillplätze auf.
Am Abend gibt es in der Museumsanlage an der Festwiese noch eine Musikveranstaltung, bei der - natürlich mit der landesüblichen Verspätung - als erstes der älteste Gaucho des Festivals mit rauer Stimme einige Lieder über das Gaucholeben singt und sich auf seiner Gittare begleitet. Durch die weiteren Sänger und Musikgruppen werden die Besucher zu vielen traditionellen Tänzen angeregt und ein schöner Abend klingt harmonisch aus.
7.11.2015 Argentinien:
Gauchofestival Areco - Samstag
Am Samstag Morgen bringe ich Doris zum Osteopathen und kann sie nach ca. 1,5 Stunden wieder abholen - ihre Schmerzen sind wie weggeblasen. So können wir die weitere Anreise von Pferden und Gauchos und am Nachmittag die ersten Veranstaltungen auf dem Reitgelände beruhigt ansehen.
Die Händler haben ihre Stände mittlerweile mit Reitzubehör und einheimischen Produkten wie Käse und Wurst gefüllt.
Viele Familien bestücken ihren Grill mit unterschiedlichen Fleischsorten, große Grillstellen werden von Verkäufern mit heißer Glut von ganzen Baumstämmen betrieben - überall riecht es ganz lecker. Auf dem Reitplatz werden an drei Pfählen jeweils Wildpferde gesattelt und ein wagemutiger Gaucho wagt sein Glück beim Rodeoreiten. Wenn der Gaucho nicht schon abgeworfen wurde, heben ihn zwei begleitende Reiter nach etwa 10 Sekunden aus dem Sattel des Wildpferdes. Beim Rodeo kommt es ab und zu auch zu kleinen Verletzungen - zum Glück passiert aber nichts Schlimmeres.
Bei anderen Vorführungen führt ein berittener Gaucho ein Leitpferd mit einer Glocke und ca. 15-20 nicht angeleinte Pferde folgen dem Leitpferd bei Drehungen und vollem Galopp.
Am Abend versammeln sich an der unserem Stellplatz schräg gegenüberliegenden Kneipe viele Gauchos und machen bei einem Umtrunk Musik mit Gitarre, Trommel und Gesang. Da die offizielle Abendveranstaltung erst später beginnt, sehen wir uns dieses authentische Treffen der Gauchos gerne an. Später kommt ein deutsches Kamerateam dazu. Es dreht eine Fernsehdokumentation über ursprüngliche Feste in Südamerika und stört dabei leider das ungezwungene Beisammensein. Nun werden die Musiker in Position gesetzt, durch die Kamera verändert sich das Verhalten der Musiker - die Stimmung geht ein wenig verloren.
Beim offiziellen Programm spielt eine Musikgruppe bis spät in die Nacht verschiedene argentinische Tanzlieder und viele Zuschauer geniessen die Möglichkeit ihr Tanzbein nach den ursprünglichen Weisen schwingen zu können.
8.11.2015 Argentinien:
Gauchofestival Areco, Sonntag
Am Sonntag wird es in der Stadt richtig voll - immer mehr Pferde und Reiter ziehen vom Reitplatz in die Anlagen am Fluß, um dort Aufstellung für das Defilee durch den Ort zu nehmen. Vor den Cafe's werden die Pferde geparkt, während die Gauchos einkehren.
Restaurants bestücken die Asado-Grillstellen mit Glut und riesigen Fleischbrocken. Die Gaucha richten ihre weiten Röcke, unter denen der Pferderücken fast verschwindet. Die Gaucho der verschiedenen Estanzien des Landes haben ihren Sonntagsstaat angelegt und putzen noch einmal das Zaumzeug ihrer Pferde.
Ab 11 Uhr beginnt an der Tribüne am Marktplatz die Veranstaltung mit einigen Reden, dann werden Volkstänze vorgeführt und ab etwa 12 Uhr ziehen ca. 3000 Pferde mit etwa 1000 Gauchos an der Tribüne vorbei.
Von kleinen Kindern mit Schnuller bis hin zu Gauchos mit schlohweißen Haaren reitet alles stolz an der Tribüne vorbei und zeigt die Ausgehkleidung.
Als wir gegen 15:30 zurück zum Wohnmobil gehen, nimmt gerade die 52.ste Gruppe am Fluß Aufstellung - vermutlich dauert der Umzug noch bis 17 Uhr.
Am Wohnmobil können wir die vom Defilee zurückkehrenden Gaucho und Pferde noch einmal direkt hautnah sehen.
Am Festplatz füttern und tränken sie ihre Pferde, geniessen selbst das an vielen Grillstellen zubereitete Fleisch oder nehmen an weiteren Rodeos teil, die wir uns auch gerne wieder ansehen.
Heute wird auch das Einfangen von Wildpferden mit dem Lasso vorgeführt.
Dann werden die Wildpferde gesattelt und eingeritten.
Insgesamt hat uns das Festival sehr gut gefallen und wir haben das besondere Flair dieses lokalen, urprünglichen Festes sehr genossen.